Worauf sollte man als Fotograf*in an der Nordsee (und auch sonst am Meer) achten?
Das Wetter an der Nordsee
Ja zunächst einmal auf das Wetter natürlich. Auf Grund der oft hohen Windgeschwindigkeiten, die am Meeressaum herrschen, kann das Wetter sehr schnell wechseln. Ich bin mehr als einmal bei Sonnenschein fröhlich losgezogen und habe die dunkle Wolkenwand am Westhorizont ignoriert. Um dann patschnass geregnet zurückzukommen. Aber auch die trocknen Wolken ziehen z.T. recht schnell, was eben noch im günstigen Licht lag, ist jetzt braungrau und trübe. Bei guten Motiven lohnt das Warten; denn auch wenn man sie nicht sieht, können sich plötzlich schmale Lichtfenster öffnen und es entsteht eine eigentümlich beleuchtete Szenerie.
Übrigens Licht: ich habe keine Insel und Küste erlebt, wo das Licht die Landschaft so plastisch formte wie auf Sylt.
Aber auch bei Sonnentagen sollte man auf der Hut sein – im wahren Sinne. Denn Schatten gibt es vielleicht in einem kleinen Holunderwäldchen, ansonsten aber ist man der Sonne gnadenlos ausgesetzt. Sonnenschutz und Kopfbedeckung sind angesagt – übrigens teils schon im Februar, auch wenn sich das Wetter noch kalt anfühlt. Bei klarer Luft kann die UV Strahlendosis auch da schon sehr hoch sein.
Nebel? Ich habe schon Küstennebel erlebt, im Sommer aber nur in der dünnen Schleierversion. Auftauchen kann er aber schon. Im Winter dagegen kann er ganz schön hartnäckig sein – auf Sylt haben wir im Februar einen Nebel erlebt, bei dem man kaum 3 Schritte weit sehen konnte. Wenn am Strand plötzlich in dem undurchdringlichen Weiß ein Schatten auftauchte war kaum noch Zeit, den Zusammenstoß zu vermeiden. Ich frage mich bis heute, wie wir uns wieder zurück zu unserem Feriendomizil orientiert haben.
Der Wind an der Nordsee
Davon hatten wir es schon – Wind gibt es an der Nordsee eigentlich immer – fast immer. Was bedeutet es für die Fotografie? Am Meer wird der Wind schon ab 4-5 Beaufort (Äste bewegen sich, dünne Bäume wiegen sich im Wind) das Meer zu ersten Schaumkronen formen. Wird der Wind stärker, trägt er auch die Gischt z.T. fort und weht sie – aufs Objektiv. Vor allem dann, wenn man in Windrichtung zielt. Ein UV Filter ist als Objektivschutz an der Nordsee ein Muss. Denn wenn es keine Gischt ist, dann ist es Sand. Ich stand bei Bft 7 auf der Wanderdüne im Listland und der Sand flog mir nur so um die Ohren. Dass der Wind dann auch mein Stativ mit der darauf montierten Hasselblad umwarf, kam da noch erschwerend hinzu.
Ab 7-8 Bft beginnt der eigene Stand zu schwanken, man tut dann gut, einen sicheren Halt zu suchen, der Blick durch den Sucher ist durch Tränen getrübt und der Sturm zerrt an der Sonnenblende, die zum Windsegel wird. Da sich nicht viele diesen Tort antun, kann man einmalige Bilder aufnehmen.
Die Tide – Gezeiten der Nordsee
Es versteht sich, dass man sich als Tourist über die Gezeiten informiert. Der Tidestrom erzeugt z.T gewaltige Strömungen an der Nordseeküste vorbei – in die Flussmündungen hinein, wenn es flutet und wieder heraus bei Ebbe.
Selbstverständlich ist der Tidehub an der Nordsee nicht so hoch wie in der Normandie mit ihren 16 Metern – Höhe wohlgemerkt. An der deutschen Nordsee pegelt er so um die 3 Meter, auf Wangerooge macht das eine Strecke von vielleicht 100-150 Metern – je nach Zustand des Strandes. Harmlos – denkt man. Aber wenn man auf einer Landzunge wandelt und beim Zurückkehren feststellt, dass ein Priel den Rückweg versperrt. Schlimmer ergeht es denen, die sich zu weit auf Langeoogs westliche Sandbank verirren. So mancher ist von der Flut überrascht bei der Rückkehr durch den Priel stecken geblieben und im Schlick eingesunken. Und wenn dann das Handy nass geworden ist, kann man noch nicht mal Hilfe herbeirufen.
Das Wattenmeer
Ins Watt sollte man ohnedies nur mit erfahrener Führung gehen. Außerdem sind viele Wattflächen als Naturschutzgebiet ausgewiesen und dürfen ohnedies nicht betreten werden. Das Watt hat eine sehr unterschiedliche Oberflächenkonsistenz, mal sandig, mal schlickig rutschig. An den Sandklaffmuscheln kann man sich schon mal die Fußsohlen aufschneiden, Gummistiefel sind aber auch nicht immer die Wahl, v.a wenn man einen tiefen Priel durchwaten muss (unter Anleitung). Die pazifische Auster fühlt sich nicht so gut an, wenn man auf ihre Schale tritt. Es sollte auch klar sein, dass Priele im Watt bei ablaufender Tide ebenfalls eine Strömung zum offenen Meer bzw. zu den Gats und Baljen zwischen den Inseln haben. V.a. bei Springtide können sie schon mal etwas schneller fließen. Ja und wie oben schon zu Langeoog erwähnt: man kann einsinken, recht tief sogar. In dem Falle gibt es Tricks, sich wieder nach oben zu arbeiten, z.B. indem man sich gestreckt nach hinten legt und versucht, die Beine herauszuarbeiten. Also auf keinen Fall ohne sachkundige Führung das Watt alleine aufsuchen. Im Übrigen sind viele Wattabschnitte sowieso Naturschutzgebiet und dürfen nicht betreten werden.
Die Seevögel
Die Nordsee und das Wattenmeer sind ein Kumulationspunkt für viele Seevogelarten, Entenvögel, Watvögel usw. Insbesondere bei Flut, wenn die Stehplätze bescheiden sind, drängen sich die Vögel oft auf den noch trockenen Böden zusammen.
Die Brutgebiete sind sowieso schon seit langen für Menschen tabu, auf Langeoog kann man dafür mit dem Vogelwart, auf Wangerooge mit Mitgliedern des Mellumrates auf die Vogelpirsch gehen. In der Brutzeit werden manche Vögel sehr ärgerlich, wenn man sich ihrem Revier zu sehr naht. Ich bin selbst vor Jahren auf Texel von Silbermöwen attackiert worden, das Klacken ihrer Schnäbel hat so gar nichts mit dem romantischen Möwenschrei zu tun.
Seehunde und Kegelrobben
Noch so ein Thema. Im Winter füllt sich die Kinderstube der Kegelrobben. Im Mai bis Juni kommen die Seehundwelpen zur Welt. Immer wieder kommt es vor, dass Seehunde ihren Nachwuchs am Strand deponieren, um ihn nach erfolgtem Fischfang wieder abzuholen. Blöd, wenn Menschen den niedlichen Seehund nicht nur sehen, sondern sich im auch noch nähern. Die Welpen heulen, damit sie ihre Mutter wiederfindet, aber in dem geschilderten Falle kann es sein, dass die Mutter nicht mehr kommt. Bis August kann man diese Heuler antreffen, im Zweifelsfalle die Seehundstationen in Norddeich oder Friedrichskoog kontaktieren, die entscheiden dann, was zu tun ist. Also: zum Fotografieren deutlichen Abstand halten (> 300 m) und langes Tele aufsetzen.